Black Block - Vermummt, verschwiegen, schwarz gekleidet (Dokumentarfilm, 94 min, interpool.tv, 2023)


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Vermummt, verschwiegen, schwarz gekleidet: Wenn die Elbchaussee brennt, der 1. Mai in Berlin in Gewalt umschlägt, am Hambacher Forst Steine fliegen oder im Leipziger Umland Neonazis mit Hämmern angegriffen werden. Staatliche Behörden können die Militanten des 'Black Block' fast nie identifizieren. Ein Dokumentarfilm, der Einblicke gibt. In eine Szene, die eigentlich mit keinem redet.

BLACK BLOCK hat eine Länge von 94 Minuten und wird von uns - via VIMEO - für 4,99 (Leihen) und 9,99 Euro (Kaufen) angeboten. Dort findet sich auch Bonusmaterial, wie - zum Beispiel - nicht gesendete Szenen. Unser Dokumentarfilm kann außerdem bei AMAZON PRIME VIDEO erworben werden.

Die Kinopremiere (mit anschließender Diskussion) findet im Leipziger UT Connewitz am 19. Januar 2024 um 19 Uhr statt. Karten dafür gibt es hier. Weiterhin planen wir den Dokumentarfilm in anderen Städten - zum Beispiel in Frankfurt (Main), Berlin, Stuttgart und Köln - öffentlich zu zeigen.

BLACK BLOCK: Gerichtsverfahren, Durchsuchungen, Fahndung

Der 7. Juli 2017 in Hamburg. Ein Freitag. Während in den Morgenstunden ein 'Schwarzer Block' randalierend (und ungestört) über die Elbchaussee zieht, wird am Rondenbarg eine Spontandemo gegen den G-20-Gipfel von der Polizei brutal zerschlagen. Das Ergebnis: Dutzende Festnahmen, mehrere Schwerverletzte. Am 18. Januar 2024 nun - mehr als sechseinhalb Jahren nach den Ereignissen - soll nun vor dem Hamburger Landgericht ein Verfahren gegen sechs Teilnehmer der Demonstration starten. Ihnen wird 'Schwerer Landfriedensbruch' vorgeworfen.



Vorvergangene Woche in fünf Bundesländern. Zahlreiche Wohnungsdurchsuchungen gegen Mitglieder der linken Szene. Ihnen wird - unter anderem - von den Ermittlungsbehörden vorgeworfen, bei einer Demonstration am 1. Mai 2023 im thüringischen Gera Landfriedensbruch begangen zu haben. So sollen schwarzgekleidete Demonstranten Polizeiketten attakiert, einen Durchbruch versucht haben. Anlaß waren Proteste gegen eine Kundgebung von Menschen aus dem eher rechten Spektrum.

Ebenfalls Anfang November: die Polizei Aachen veröffentlich weitere - sogenannte - Fahndungsfotos im Zusammenhang mit einer Demonstration am 14. Januar 2023 gegen die Räumung des Dorfes Lützerath. Hier hatte ein 'Schwarzer Block' Polizisten attakiert, die eine Wiederbesetzung von Lützerath durch Klimaaktivisten verhindern wollten. Auch in diesem Fall geht es um den Vorwurf: "Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte.



Weiterhin: mindestens zwölf Autonome sind im Zuge der jüngsten Ereignisse abgetaucht. Der Fall Lina E. und seine Folgen. Nach einem - Johann G. - wird seit Ende September bundesweit gefahndet. Andere - ihnen wird die Beteilung an Überfällen im Budapest im Februar 2023 auf vermeintliche Rechtsextreme vorgeworfen - werden international gesucht.

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BLACK BLOCK: Der 2.11. - Historisches Datum an der Startbahn-West

Der 2. November. Kein anderes Datum ist mit der Geschichte der Protestbewegung gegen den Bau der Startbahn-West klarer verbunden. 1981 räumten hier - ab den Morgenstunden - zwei Hundertschaften Polizei teils brutal das von Gegnern des Flughafenausbaues errichtete Hüttendorf. Sechs Jahre später wurden während einer Protestdemonstration - in Erinnerung an die Räumung - zwei Polizisten erschossen.

Der Autonome Wolf Wetzel hat die Ereignisse damals hautnah verfolgt. Im 25-Minuten-langen Interview spricht er ausführlich über den militanten Widerstand an der Startbahn-West. Über Baufahrzeuge, die in Brand gesteckt wurden. Über Debatten - innerhalb der Szene - nach den 'Startbahnschüssen'. Und wie damals - die bis heute bestehende - "Anna und Arthur"-Kampagne entstand.

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BLACK BLOCK - (Dokumentarfilm, 94 min, interpool.tv, 2023)

Der "Black Block" wurde Anfang der 80er Jahre in Frankfurt (am Main) 'erfunden'. Deshalb auch umfasst der Film eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten. Startbahn-West, Autonome-Antifa Göttingen, Rostock am 2. Juni 2007, G-20 in Hamburg, die Vorgänge am Hambacher Forst, das jüngste Gerichtsverfahren in Dresden. Es gibt Gesprächspartner, die verdeckt auftreten (mit nachgesprochener Stimme), vermummt, aber auch offen. Autonome und Autonome Antifaschisten, Menschen vom 'Black Block', Klima-Aktivisten, Politikwissenschaftler. Es gibt legale Demonstrationen (und Ereignisse), bei denen ich sehr dezent gefilmt habe.



Es geht nicht darum, irgend jemand in Schwierigkeiten zu bringen, sondern zu informieren. Der Film kann - bestenfalls - eine Annäherung an das Mythos 'Schwarzer Block' sein. Er soll auch im Kino, in verschiedenen Städten, laufen. Möglichst mit anschließender Diskussion. Wenn Interesse an einer Aufführung besteht: ich - fredkowasch(at)interpool.tv - komme mit dem Beamer gern vorbei. 

Transparenzhinweis: An dem Dokumentarfilm arbeiten wir seit einigen Jahren. Mittlerweile dürfte es ein gut fünfstelliger Betrag sein, den wir in dieses Projekt gesteckt haben. Das meiste davon haben wir selbst finanziert. Es gibt aber auch eine Kooperation mit dem Projekt 'Gute Gewalt - schlechte Gewalt' des Dresdener Beratungsinstitutes B3. Für die wir drei 'No Comment Filme' zum Themenkomplex realisiert haben, bzw. realisieren werden.

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Im Wortlaut: Post von der 'Hochschule des Bundes', Abt. Nachrichtendienste

"Sehr geehrter Herr Kowasch,

die Hochschule des Bundes bietet unter anderem die Studiengänge Gehobener nichttechnischer Dienst in den Nachrichtendiensten des Bundes und der Bundespolizei an. Für den Einsatz in der Lehre ist der gerade bei Ihnen eingestellte Film "Inside Black Block" daher von besonderem Interesse. Mit Blick auf die Nutzungsbedingungen ist der Film nur für den privaten Gebrauch erhältlich. Haben wir als Bibliothek trotzdem irgendeine Möglichkeit, ihn zu erwerben und auszuleihen bzw. zur Verfügung zu stellen? Letzteres könnte man auf einen sehr engen Personenkreis beschränken.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

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Hallo .... .....,

keine Chance.
Mit 'Sicherheits'behörden arbeite ich generell nicht zusammen. Schon gar nicht mit Institutionen wie der Ihren.
Zum einen würde eine Überlassung meiner Arbeit nicht meinen journalistischen Selbstverständnis entsprechen. Außerdem bin ich da auch Protagonisten und Informaten im Wort. Dies gilt auch für meinen neuen Dokumentarfilm über den 'Schwarzen Block'. Sie können sich eine Anfrage künftig sparen. Wenn einer Interesse an meiner Arbeit hat: die Filme sind für alle öffentlich zugänglich. Und für jeden zu erwerben.
Mit freundlichen Grüßen
Fred Kowasch"

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"Tag X": Das Protokoll zum 'Leipziger Kessel' (03.06.2023)

18:06 An der Ecke Scharnhorst/Andreasstrasse greifen Autonome zwei Polizeifahrzeuge an
18:07 Cops der NRW-Einheit 1 BF 13 (Scharnhorststrasse) und der bayerischen Einheit BY 622 (USK/ Andreasstrasse) stürmen gleichzeitig vor
18:08 BY 622 rückt zunächst über den Spielplatz, dann über die Wiese des Alexis-Schumann-Platzes in Richtung Karl-Liebknecht-Strasse. Sie wird dabei von Autonomen mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen. Ein Brandsatz explodiert kurz hinter den Polizisten. Daraufhin ziehen sie sich ein paar Dutzend Meter auf der Wiese zurück
18:14 Auf der Karl-Liebknecht-Strasse beginnen Autonome auf dem Gehweg neben dem Heinrich-Schütz-Platz Pflastersteine auszugraben
18:15 Rund 30 Autonome bewerfen Polizisten auf der Karl-Liebknecht-Strasse in Richtung Süden mit Steinen und Flaschen. Einzelne Signalreketen werden gezündet
18:16 Unter lautem Gebrüll rückt die bayerische Polizeieinheit BY 622 (USK) und 623 auf der Karl-Liebknecht-Strasse ein erstes Mal in Richtung Norden vor. Über die gesamte Breite der Strasse verteilt verharren sie zunächst einmal aus
18:17 Noch steht kein Polizeikessel. Cops aus Nordrhein-Westfalen mit der Kennzeichnung NRW 1 BF 12 haben Demonstranten am Heinrich-Schütz-Platz in Teilen lose umschlossen. Exakt eine Minute nach ihrem ersten 'Run' laufen BY 622 (USK) und 623 in Richtung ihrer Kollegen aus NRW. Der innere Kessel schliesst sich. In ihm - geschätzt - 300 bis 400 Menschen. Die vorderen Reihen haben sich untergehakt. Die meisten von ihnen sind vermummt und vollständig schwarz gekleidet. 

Quellen: Sächsische Zeitung, Red Media Kollektiv, Eigene Beobachtungen

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"Tag X" in Leipzig - Abschluss unser Dreharbeiten zu 'Black Block'

von Fred Kowasch, LeipzigTagX 7TagX 105.06.2023
Wenn man einige Riots miterlebt hat, bekommt man ein Gespür dafür, wann es losgeht. Ein paar Vermummte biegen in eine Seitenstrasse ab. Auf dem Spielplatz derweil eine Gruppe Schwarzgekleidete einen engen Kreis bilden. Offensichtlich wird hier etwas besprochen. Dann knallt und scheppert es, roter Rauch steht in der Luft. Rechts von der Seite kommt eine Gruppe bayerischer Spezialpolizisten angerannt. Zwischen Schaukel und Sandplatz türmen ein paar Vermummte. Beim Rückwärtsgehen laufe ich in einen Kameramann hinein. Der Bodyguard vom ARD-Team entschuldigt sich bei mir. Warum nur? Abends läuft dann bei den 'tagesthemen' mein blau-weiss kariertes Hemd durchs Bild.TagX 2Die Polizeieinheit rückt vor, scheucht hunderte Menschen über die Wiese am Alexis-Schumann-Platz. Langsam wird es Zeit sich mal den Helm aufzusetzen. Als ich roten Rauch im Vordergrund drehe, knallt es. Eine Stichflamme lodert auf, Feuer zwischen den Cops. Die sich im Stein- und Flaschenhagel zurückziehen. Dann wird es noch mal heftig. Ein, zwei Minuten nur. Autonome greifen Polizisten mit Flaschen, Steinen und Pyrotechnik an. Sie wollen raus aus dem Polizeikessel, der rings um den Platz besteht. Statt dessen rennen - unter dutzendfachem Gebrüll - vermummte Beamte los. Kommen zwei Meter vor uns zum Stehen. Wenig später sind Hunderte Demonstranten eingekesselt.
TagX 3TagX 5Screenshots interpool.tv - All Rights Reserved.

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'Lina-E.-Prozeß': Quietschende Reifen am Hinterausgang


unterwegs in sachsenLina E. wird nach zweieinhalb Jahren aus der Haft - vorläufig - entlassen. Links und rechts neben ihr zwei weitere zu Haft Verurteilte aus dem Prozeß. - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.

von Fred Kowasch, Dresden

Kurz nach 20 Uhr öffnet sich für Lina E. die Tür des Gerichtssaales im Oberlandesgericht im Dresdener Norden. Das Gesicht verbergend hinter einem leeren Leitz-Schnellhefter, begleitet von zwei ihrer Mitangeklagten, steigt sie in den Wagen eines ihres Anwaltes. Mit quietschenden Reifen braust der - wie von Sinnen - in Richtung Autobahn. Nur ein paar Minuten fährt auch der graue - nun leere - Gefängnistransporter den gleichen Weg. 98 mal in den letzten gut andertalb Jahren hat er, die aus Kassel stammende Leipziger Studentin, von der Haftanstalt in Chemnitz zu ihren Gerichtsterminen gebracht. So oft wurde in dieser Sache verhandelt. 

unterwegs in sachsenKurz nach 20 Uhr öffnet sich das Stahlgitter am Dresdener Oberlandesgericht - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.

Auch die anderen drei Angeklagten - die sich auf freiem Fuß befinden - verstecken ihre Gesichter. Und auch sie werden an diesem 31. Mai 2023 zu Haftstrafen verurteilt. Wann sie die antreten müssen - noch unklar. Beobachter, die den Prozeß intensiv verfolgten, haben weit im Vorhinein mit einer Haftstrafe zwischen fünf und sechs Jahren für Lina E. gerechnet. Die von der Bundesstaatsanwaltschaft gefordeten acht Jahre, hielten sie für zu hoch. Vor allem an dem Vorwurf der "Rädelsführerschaft" gab es berechtigte Zweifel. Auch weil im Prozeß der Name Johann G. - ihr Freund - immer häufiger fiel. 

Nicht nur die Aussagen des Kronzeugen Johannes D. bestätigten die Anklagebehörde in vielen Punkten. In ihrer Detailfülle gaben sie - erstmals seit Jahrzehnten - einen bisher nicht gekannten Einblick in autonome Strukturen. Hinzu kamen Funde der Ermittler bei Hausdurchsuchungen im Leipziger Szenebezirk Connewitz, auf die Richter Hans Schlüter-Staats in seiner mehr als neunstündigen Urteilsbegründung hinwies. Einem Stadtbezirk, der seine eigenen Gesetze hatte. In dem es schon einmal passieren konnte - darüber sprachen Insider uns gegenüber schon vor Jahren - dass jemand, der ein 'falsches' Kleidungsstück trug, deswegen auch verprügelt wurde.
unterwegs in sachsenUnterstützer bei ihrer Kundgebung gegenüber Dresdener Oberlandesgericht - Screenshot: interpool.tv. All Rights Reserved.

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Kronzeuge, next one - Vom Verfassungsschutz in Polen angesprochen

23.09.2022
Tag 5 und 6 der Befragung des 'Kronzeugen' in Dresden. Diesmal ging es darum, wie Johannes D. mit den deutschen Behörden in Kontakt gekommen ist. Nach seiner Aussage sei er von zwei Personen, die sich als Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorgestellt hätten, im Ausland angesprochen worden. Im März 2022 vor einem Kindergarten in Warschau, wo Johannes D. damals arbeitete. Zwei Tage darauf hätte er einer Zusammenarbeit zugestimmt. Später sei er auch in Kontakt zur Polizei gekommen. Die Zusammenarbeit mit deutschen Behörden begründete er vor dem Oberlandesgericht auch damit, weil er mit der 'Szene' brechen wollte. Diese hatte gegen ihn eine Art Bann ausgesprochen. So sei er mit einer Art Stadtverbot für Leipzig und Nürnberg belegt worden. Als er Weihnachten seine Eltern besuchte, so Medienberichten zu Folge, hätte es dort sogenannte 'Kontrollanrufe' gegeben.

Weiterhin gab Johannes D. an, im Juni 2015 eine sogenannte Einladung zu einer 'Spontandemonstration' nach Leipzig erhalten zu haben. Anlaß wäre der G-7-Gipfel im bayerischen Schloss Elmau gewesen. Weiter berichtete er über interne Strukturen der linksautonomen Szene in Leipzig. So habe es drei voneinander unabhängige Gruppen gegeben, die militante Aktionen ausgeführt haben sollen. Organisiert worden wäre dies - Im Wesentlichen - von Johann G. (der seit Sommer 2020 abgetaucht ist) und Lina E. Die Befragung von Johannes D. soll am 29. September 2022 fortgesetzt werden.


Nächtliche Graffitiaktion der linksextremistischen Szene in Halle (Saale). Quelle: YouTube, Antifa Sprayprint.

05.08.2022
Am vierten Tag der Aussage von Johannes D. vor dem Staatsschutzsenat des Dresdener Oberlandesgericht Landgericht ging es auch um eine sogenannte '215-Liste'. Auf der Liste, die Namen (und Adressen) von 215 Personen, die der Hooligan- und Rechtsradikalenszene nahestehen sollen. 215 Personen, die die Polizei am 11. Januar 2016 in Leipzig-Connewitz vorläufig festnahm. Als sie randalierend durch den linken Szenestadtteil zogen, schwere Verwüstungen anrichteten. Zahlreiche Anwohner des Stadtteils hatten sich am diesem Abend zu Gegenprotesten am Rande einer 'Legida'-Kundgebung in der Leipziger Innenstadt versammelt. Ziel war es, die Liste regelrecht "abzuarbeiten", so Johannes D. vor Gericht. Des weiteren schilderte der Zeuge weitere Einzelheiten der Angrifftrainings auf Personen der rechten Szene. Dabei sei es auch darum gegangen, gezielte Schläge auf den Kopf zu üben. Töten wollte man die Angegriffenen - nach seinen Aussagen - nicht.

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Ortstermin II: Wenn einen Lina E. überholt. Und ein BKA-Mann 'plaudert'

Eine Reportage von Fred Kowasch, Dresden

Ende April. Auf dem Weg zu einem Gerichtstermin. Es ist kurz vor 9 Uhr an diesem Mittwochmorgen, als es kurz hinter dem Dreieck Dresden-West im Rückspiegel blau blinkt. Ein Minister auf der Fahrt zu einem dringenden Termin? Wohl kaum. Kurze Zeit später werde ich von einer Wagenkolonne passiert, in deren Mitte ein grauer VW-Bus fährt. Dessen Insassen durch die dunklen Scheiben hindurch nicht zu erkennen sind. unterwegs in sachsenKurz vor der Ausfahrt Dresden-Hellerau drängelt sich die Wagenkolonne auf die rechte Spur, biegt ab in Richtung Justizvollzugsanstalt. Hier liegt eine Außenstelle des Oberlandesgericht Dresden, der Staatsschutzsenat. Hier wird - in der Regel Mittwochs und Donnerstag - der 'Fall Lina E.' verhandelt. Zusammen mit drei weiteren Angeklagten wird ihr von der Bundesanwaltschaft die mutmaßliche Mitgliedschaft in einer "linksextremistischen kriminellen Vereinigung" vorgeworfen. In Haft sitzt sie als Einzige. Seit über 500 Tagen nun schon.

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Ortstermin I - Zu Prozessbeginn vor dem Oberlandesgericht in Dresden

von Fred Kowasch, Dresden

08.09.2021
Kurz nach 7 Uhr geht im Dresdener Norden die Sonne auf. Es soll ein heißer Tag werden. Temperaturen von fast 30 Grad sind angesagt. Vor dem Gebäude des Oberlandesgericht haben sich zu dieser Zeit bereits zwei Dutzend Besucher eingefunden. Sie sind - vollständig - in Schwarz gekleidet, haben ein paar Regenschirme aufgespannt. Schwarze. Was sonst.


Regen wird es heute nicht geben. Dafür werden zahlreiche TV- und Videoteams erwartet, die den Prozeßauftakt filmen wollen. RTL, die ARD, WELT.TV, der russische Staatssender RT sind vor Ort. Nur das ZDF fehlt. Es ist der Tag des Prozeßbeginnen gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte. Sie kommen - mutmaßlich - aus der linksextremen Szene Leipzigs. Und es ist, wie die Tageszeitung (taz) im Vorfeld so treffend schrieb,  „der bedeutenste Prozeß gegen Autonome seit Jahren“.

prozessauftakt4

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Im Wortlaut: "Anklage gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung erhoben"

"Anklage gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung erhoben

Die Bundesanwaltschaft hat am 14. Mai 2021 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden Anklage gegen

die deutsche Staatsangehörige Lina E.,
den deutschen Staatsangehörigen Lennart A.,
den deutschen Staatsangehörigen Jannis R. sowie 
den deutschen Staatsangehörigen Jonathan M.

erhoben.

Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, sich als Mitglieder an einer kriminellen Vereinigung beteiligt zu haben (§ 129 Abs. 1 StGB). 

Gegen die Angeschuldigte Lina E. besteht zudem der hinreichende Tatverdacht der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in einem Fall, der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung in vier Fällen (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 StGB), des besonders schweren Landfriedensbruchs (§ 125 Abs. 1 Nr. 1, § 125a Satz 2 Nr. 2 StGB), des räuberischen Diebstahls (§ 252 StGB), der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) sowie der Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB). 

Den übrigen Angeschuldigten werden neben der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ebenfalls weitere Delikte zur Last gelegt: Lennart A. wird gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung in einem Fall, Sachbeschädigung sowie Urkundenfälschung, Jannis R. gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, besonders schwerer Landfriedensbruch sowie Sachbeschädigung und Jonathan M. gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, besonders schwerer Landfriedensbruch sowie Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen. 

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