Dokumentarfilm: Black Block - Vermummt, verschwiegen, schwarz gekleidet (94 min, interpool.tv, 2023)


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Vermummt, verschwiegen, schwarz gekleidet: Wenn die Elbchaussee brennt, der 1. Mai in Berlin in Gewalt umschlägt, am Hambacher Forst Steine fliegen oder im Leipziger Umland Neonazis mit Hämmern angegriffen werden. Staatliche Behörden können die Militanten des 'Black Block' fast nie identifizieren. Ein Dokumentarfilm, der Einblicke gibt. In eine Szene, die eigentlich mit keinem redet.

BLACK BLOCK hat eine Länge von 94 Minuten und wird von uns - via VIMEO - für 4,99 (Leihen, 48 Stunden) und 9,99 Euro (Kaufen, inklussive Download) angeboten. Dort findet sich auch Bonusmaterial, wie - zum Beispiel - ausführliche Interviews und nicht gesendete Szenen. Welches ständig erweitert wird. Unser Dokumentarfilm kann außerdem bei AMAZON PRIME VIDEO erworben werden.

Die Kinopremiere fand am 19. Januar 2024 im Leipziger Kino UT Connewitz statt und war AUSVERKAUFT. Ebenso eine Zusatzvorstellung am selben Abend. Demnächst soll der Film im Clubkino Glauchau, beim 'Roten Stern' Leipzig und - noch einmal - im UT Connewitz gezeigt werden. Wenn die konkreten Termine feststehen, werden wir sie hier veröffentlichen. Außerdem planen wir den Dokumentarfilm in Berlin, Dresden, Frankfurt (Main), Köln und Stuttgart zu zeigen. Gern auch anderswo. Kontaktiert uns!

Ortstermin II: Wenn einen Lina E. überholt. Und ein BKA-Mann 'plaudert'

Eine Reportage von Fred Kowasch, Dresden

Ende April. Auf dem Weg zu einem Gerichtstermin. Es ist kurz vor 9 Uhr an diesem Mittwochmorgen, als es kurz hinter dem Dreieck Dresden-West im Rückspiegel blau blinkt. Ein Minister auf der Fahrt zu einem dringenden Termin? Wohl kaum. Kurze Zeit später werde ich von einer Wagenkolonne passiert, in deren Mitte ein grauer VW-Bus fährt. Dessen Insassen durch die dunklen Scheiben hindurch nicht zu erkennen sind. unterwegs in sachsenKurz vor der Ausfahrt Dresden-Hellerau drängelt sich die Wagenkolonne auf die rechte Spur, biegt ab in Richtung Justizvollzugsanstalt. Hier liegt eine Außenstelle des Oberlandesgericht Dresden, der Staatsschutzsenat. Hier wird - in der Regel Mittwochs und Donnerstag - der 'Fall Lina E.' verhandelt. Zusammen mit drei weiteren Angeklagten wird ihr von der Bundesanwaltschaft die mutmaßliche Mitgliedschaft in einer "linksextremistischen kriminellen Vereinigung" vorgeworfen. In Haft sitzt sie als Einzige. Seit über 500 Tagen nun schon.

Am Gericht angekommen ist es gar nicht so einfach einen Parkplatz zu bekommen. Autos mit Kennzeichen aus Braunschweig, Kassel, Weimar und Leipzig parken hier. Der Einlass gestaltet sich zäh. Obwohl nur ein gutes Dutzend Besucherinnen warten (ja, es sind fast ausschließlich Frauen) dauert es knapp eine Stunde bis sich die Eingangstür hinter mir schließt. Dann beginnt eine Prozedur, gegen die sich ein Flughafen-Check-In wie ein lasches Durchwinken anfühlt. Jedes noch so kleine Detail - das Handy habe ich bewusst nicht mitgenommen - wird intensiv inspiziert. Meine Jacke mehrfach von links auf rechts gedreht. Das Sweatshirt muss ich ausziehen, die Schuhe auch. Dann werden die Socken gescannt. Aha. Zu guter Letzt wird mir mein Basecap abgenommen. MEIN BASECAP!

Unterdessen hat es im Saal drinnen längst begonnen. Es ist der 46. Verhandlungstag. Gefühlt eine halbe Stunde lang referiert ein nervös wirkender junger Anwalt, warum Abhörmitschnitte aus einem anderen Ermittlungsverfahren hier heute vor Gericht nicht verwendet werden dürfen. Sein Kollege danach braucht für seinen Antrag zwei Minuten. Die Verhandlung zieht sich, immer wieder gibt es eine kurze Pause. Lina E., die mittlerweile ihre blaue OP-Maske abgenommen hat, lächelt betont lässig in den Zuschauerraum. Winkt ihrer Mutter zu. Auch unter ihren Mitangeklagten scheint die Laune sichtbar Bestens.

Dann 'plaudert' ein Beamter vom Bundeskriminalamt über Details einer Überwachung von einem der Angeklagten. Kamera am Eingang zum Wohnhaus in Berlin, verwanzter Firmenwagen. Dort Innenraumüberwachung. Außerdem werden Daten zur Fahrtrichtung und zur Geschwindigkeit des kleinen Smart erhoben. Auswertung über Softeware- und Hardwareequalizer. Das volle Programm. Alles nahezu in Echtzeit.

Nach der Mittagspause, die ich im kargen Hof der Justizvollzugsanstalt bei angeregten Gesprächen in der Sonne verbringe (auf die zähe Einlassprozedur habe ich nach heute Morgen nun wirklich keine Lust mehr) geht es mit der Zeugenbefragung des BKA-Beamten weiter. Als Mitschnitte mehrere Abhöraktionen vorgespielt werden sollen, leert sich plötzlich der Zuschauerraum. Neben mir bleiben noch drei weitere Medienvertreter auf ihren Stühlen sitzen. Danach geht es um Begriffe wie 'Bezugsgruppe', 'Vermummung' und 'Pfefferspray'. Und das Zitat: "Wir haben die Kneipe mit dem gemacht". Außerdem um Details einer Fahrt nach Paris zur Gelbwestenrandale am Champs-Èlysée.

Als das Vorspielen der kurzen Abhörmitschnitte aus dem Smart beendet ist, kommen auch die Zuschauer wieder. Es folgt ein lauter Schlagabtausch zwischen mehreren Verteidigern und der Vertreterin der Bundesanwaltschaft an. Bei dem beide Seiten wenig souverän auf mich wirken.

Langsam knurrt der Magen. Eine kleine Kantine, wie in anderen Gerichten durchaus üblich, gibt es hier nicht. Auch keinen Automaten mit Süßigkeiten. Zwar hätte ich gern noch den zweiten Polizeibeamten gehört, der an diesem Tag hier als Zeuge aussagen soll, (einen Dezernatsleiters des Mobilen Einsatzkommandos aus Sachsen), doch der Hunger treibt mich aus dem Gerichtssaal. Und die Sehnsucht nach meinem Basecap. Dass mir - mit einem Lächeln - am Ausgang überreicht wird. Immerhin.

p.s.: (update) Nach dreiwöchiger Verhandlungspause wurde der Prozeß am Mittwoch, den 15.06.2022 fortgesetzt. Razzien in Connewitz - Dabei wurde bekannt, dass ein Beschuldigter im gesamten Verfahren umfangreich gegenüber den Behörden ausgesagt haben soll. Die Rede ist von sieben Aussagen, niedergeschrieben auf jeweils 20 Seiten. Derjenige soll sich offensichtlich im Zeugenschutzprogramm befinden.

Verhandelt wird neben Mittwoch - in der Regel - auch am Donnerstag. Ab 9:30 Uhr. Bislang sind Verhandlungstermine bis zum 30. November 2022 anberaumt. Die Verhandlung ist öffentlich, meistens sind noch Zuschauerplätze frei. Wann ein Urteil verkündet wird, steht bislang noch nicht fest.

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