Queens Park, Millwall, Arsenal - Fußball-London in drei Tagen
Beitragsseiten
Tag 1 -
Queens Park Rangers - FC Fulham 1:2
Ein Fensterplatz, neben wunderschönen Wolken. Dann noch ein wenig über der Themse kreisen. Der Kurztrip nach London beginnt vielversprechend. Im Sichtweite zum Gepäckband stehen mehrere Geldautomaten. Die U-Bahn in die Innenstadt ist - Dank freundlicher Helfer in gelben Uniformen - schnell gefunden. Zehn Pfund für den 90 Minuten Trip nach Stratford. Einmal umsteigen, dann laufe ich im typisch britischen Nieselregen dem Hotel entgegen. Erst einmal bin ich völlig durch.
Die 'Kollegen' - ein paar Fußballverrrückte aus D'dorf und Aachen - kommen noch. Einer steht beim Kanaltunnel in der Nähe von Calais im Zug-Stau. Es wird knapp werden für ihn bis zum Anpfiff um halb neun an der Loftus Road. Dem Stadion der 'Queens Park Rangers', einem Verein aus der zweiten englischen Liga.
An der U-Bahn in der Nähe angekommen, heißt es zunächst einmal: 'wo ist hier das nächste Pub'?! In England in der Regel immer neben dem Stadion. Dort findet man auch immer einen kleinen Stand, wo man Sammler-Pins, Base-Caps oder Vereinsschals holen kann.



Das Spiel ist schnell erzählt. Schnöckelloser, direkter Fußball. Das typisch englische 'Kick and rush'. Ein Eigentor durch Queens Park, dann ein verschossener Elfmeter durch Fulham. Der um uns herum mit Häme bedacht, wie ein eigenes Tor gefeiert wird. Kurz darauf: das 0:2. Und Stille .... In der Nachspielzeit dann der Anschlußtreffer. Geht noch was?! Chance folgt auf Chance, keiner sitzt mehr. Am Ende hat es dann doch nicht mehr zu einem Unentschieden gereicht.

Tag 2
Millwall FC - FC Barnley 1:3
West Ham United - Swansea City 1:0Gut gestärkt - wie immer in London gibt es Morgens schlabbrige weiße Bohnen und gepapptes Rührei - laufe ich in Richtung U-Bahn Stradford. Kurz vorher ziehen einige Hammers-Fans an mir vorbei. Gut zu erkennen an ihren weinroten Trikots. Sie haben es nicht weit, denn das Londoner Olympiastadion - wo sie seit kurzer Zeit spielen - ist ja nur ein paar Hundert Meter von unserem Hotel entfernt. Eine bizarre Gegend. Ein seltsamer Misch zwischen 'Old England' und Moderne. Abgeranzte Mietskasernen, selten mehr zwei bis drei Stockwerke flach, liegen zwischen Wolkenkratzern der Moderne. Hier wird auch am Samstag gehämmert, gesägt, gebaut. Ein 'Glück', dass ich ein Zimmer zum Innenhof habe. Direkt über der Küche duftet es auch in der Nacht noch süßlich. Wahrscheinlich nach weißen Bohnen ....
Im Prinzip ist es nicht weit, bis zum Stadion nach Millwall. Drei verschiedene U-Bahnen, zweimal umsteigen. Dann zu Fuß an den Schienen entlang. Einfache Mietskasernen, links ein unendlich wirkender grauer Metallgitterzaun. Irgendwann kommt neben dem schmalen Asphaltweg mal ein Spielplatz. Auf ihm rennen zwei Kinder im Kreis. Unter ihnen knischen kleine Kieselsteine. Am Rande sitzt an Mädchen. Kippe im Mund, Hund an der Leine. Sie blickt teilnahmslos in Richtung Süden. Dort, wo ein Kraftwerk dampft. Irgendwo rattert ein Zug.Nach der dritten Eisenbahnbrücke, unter der es besonders stark nach Urin stinkt, steht es da: das Stadion des legendären Millwall FC. Ein blau-weißer Betonbau, das Ziel meiner Träume. Deshalb habe ich eine Einladung zur 'Premiere League' ins Londoner Olympiastadion ausgeschlagen. Dort wo heute zeitgleich West Ham gegen Swansea spielt, die 'Kollegen' Tickets haben. Dem Anpfiff entgegen sehnen.
Noch bleibt 90 Minuten Zeit. Trotzdem warten hier, vor 'The Den', schon paar Rentner vor den Stadiontoren. An den Kassenhäuschen hingegen steht kein Mensch. "I wanna have a seat around the old hooligans ....". Die Verkäuferin lacht. Und irgendwann halte ich dann auch meine Eintrittskarte in der Hand. 23 Pfund. Das geht doch. Endlich bin ich dort, wo meine Lieblingsfilme spielen.
Gegenüber dem Fan-Shop gibt es Fish and Chips. Sieben Pfund, sehr lecker. Dann noch ein kleiner Verdauungsspaziergang zu den Pinständen in der Nähe. Ein 'Kollege' hat einen Wunsch. Es entwickelt sich ein munterer SMS-Verkehr:Millwall:
Endlich Fish&ships
Super hier!
Welchen Pin?
West Ham:
Nur Millwall!
Millwall:
Is klar
Bin ja nich blöde
Millwall:
Aber welche?
Mit britischer Flagge?
Oder ohne?
Mit dem Löwen?
Mit Schriftzeichen?
West Ham:
Mit Loewe!
Millwall:
Mach ich!
Wird Teuer ;)
Vor dem Stadion dann noch ein Bier. Obwohl es ein durchaus brisantes Spiel ist, die Hools von Millwall diesen Ruf haben, wird unbeirrt Alkohol ausgeschenkt. Dann heisst es einen Platz suchen, bei dem man nicht nass wird. Denn überdacht ist hier längst nicht alles. Nummerierte Sitze gibt es nicht. Ich suche mir ein Plätzen mit Nachbarn, die gar finster blicken. Da könnte noch was gehen .... Zehn Minuten nach dem Anstoß werde ich auch schon gestört.
West Ham:
Wir sterben hier vor Langeweile!
Millwall:
Was ist denn los?
Stadionverbot?
West Ham:
Ein Match, bei dem die ersten schon gehen ….
Millwall:
Hier nicht!Millwall:
0:1
Millwall:
Elfmeter
Hier ist was los
West Ham:
Neid! Ich gaehne ….
Millwall:
Wieso?
1:1
Jaaaaaaaaa
Millwall:
Sitze goldrichtig
West Ham:
Fahren nach dem Spiel zur Liverpool Street
Schicke Info mit dem Pub
++++++++++++++++++++
Millwall:
1:2
Das geht hier ab
Schon eingeschlafen?West Ham:
Tttttzzz. Und gaehn
Millwall:
Chance auf Chance vor unserem Block
Millwall:
Mein Herz ;)
West Ham:
Hier agiert das Nichts
Millwall:
‚Premiere‘ League
Millwall:
Noch ein Elfer
Das alles für 23 Steine
Millwall:
1:3
Shit
Nach dem Spiel ist es still. Fast wie auf einer Beerdigung. Lautlos und eilig verlassen Hunderte Millwallfans das Stadion. Hier hat kaum noch einer Lust auf ein Bier. Nur ein paar Barnley-Fans stehen am Stadion. Und warten. Auf ihre Spieler, die frisch geduscht - und mit einem Lächeln im Gesicht - gerne Autogramme schreiben. Daneben stehen zwei Journalisten mit ihren Diktiergeräten. Vertraulich wirkt ihr unmerklicher Plausch mit zwei Barnley-Spielern. Die sich an ihren Rollkoffern festhalten.
Als ich eine Anhöhe erklimme, um noch ein letztes Stadionfoto zu machen, hallen Schreie aus dem Rund. Was ist das jetzt?! Auf dem Rasen - wo vor einer Stunde noch ein Zweitligamatch stattfand - hetzen Spieler in blauen Trainingsanzügen Bällen hinterher. Immer und immer wieder. Minutenlang. Irgendwann habe ich genug und gehe auf dem schmalen Asphaltweg am Metallgitterzaun in Richtung U-Bahn zurück. Millwall, es war es wert.
Tag 3
Arsenal London - Brighton & Hove Albion 2:0
Den zweiten Tag in Folge weiße Bohnen und Rührei. Dann heißt es sputen, denn mein Erstes (und Letztes) Premiere League Spiel im Stadion startet bereits kurz nach Mittag.



Tag 4
Weiße Bohnen mit Rührei. Zum Dritten Mal. Was sonst?! Dann geht es erneut zum Stadion des Millwall FC. In alle Ruhe ein paar Souveniers holen. Kaffee-Pott, Schal, ein gelb-blau-weißes Baumwolltrikot. Nebenbei wird auf einer Anhöhe am Stadion noch ein Interview geführt, werden ein paar Schnittbilder gemacht. Bin ja nicht nur 'zum Spaß' hier. Sondern, um für meinen Dokumentarfilm zu drehen. Anschließend zu Fuß, Bus und U-Bahn in die Nähe der St. Pauls Cathedral, zu einem Denkmal in Erinnerung der 'Firefighters' aus dem II. Weltkrieg. Hier haben sich unlängst Tausende Hooligans, Lads und andere Supporter (aus zum Teil verfeindeten Fanszenen) getroffen, um gegen die - aus ihrer Sicht - zunehmende Islamisierung zu protestieren.
Noch einen Spaziergang über eine der schönen Brücken über die Themse, ein Sandwich in einem Kaffee - dann zurück zum Hotel. Sachen holen, hetzen zur U-Bahn. Wieder andertalb Stunden in einem vollen Zug. Egal, will ja schließlich den Flieger zurück bekommen. Auf der Fahrt erinnere ich einen, dass er gerade sein Handy verloren hat. Ungläubiges Staunen zunächst, dann sichtbare Freude. Immerhin habe ich heute hier noch einen glücklich gemacht.
Montag Abend. Ein intensiver 4-Tages-Trip geht zu Ende. Ein Fußball-Ausflug, der sich wirklich gelohnt hat.



Fotos: Fred Kowasch und . All Rights reserved