Internationale Tippgemeinschaft

Ein Film von Benjamin Best und Fred Kowasch

Diese Akten bergen viele Geheimnisse. Geschichten aus der Welt des europäischen Fußballs, die am fairen Spiel mit dem Ball erhebliche Zweifel aufkommen lassen. Tausende Blatt Papier - Abhörprotokolle, Zeugenbefragungen, Ermittlungsunterlagen.
Im ersten Prozeß um von Europa größten Wettskandal ist die mutmaßliche organisierte Kriminalität geladen. Vier Angeklagte sollen 32 Spiele verschoben haben, indem sie Fußballprofis Geld für schlechte Leistungen boten.

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Ein Film von Benjamin Best und Fred Kowasch

 

Diese Akten bergen viele Geheimnisse. Geschichten aus der Welt des europäischen Fußballs, die am fairen Spiel mit dem Ball erhebliche Zweifel aufkommen lassen. Tausende Blatt Papier - Abhörprotokolle, Zeugenbefragungen, Ermittlungsunterlagen.


Im ersten Prozeß um von Europa größten Wettskandal ist die mutmaßliche organisierte Kriminalität geladen. Vier Angeklagte sollen 32 Spiele verschoben haben, indem sie Fußballprofis Geld für schlechte Leistungen boten.

Andreas Bachmann (Staatsanwaltschaft Bochum)
„Die Spieler sollten mit der sogennannten angezogenen Handbremse spielen, Das heißt: Spieler die vorher mittelmäßige bis gute Leistungen erbracht haben sollten dann wesentlich schlechter agieren, sollten man den geführchteten Querpass am Strafraum spielen um der gegenerischen Mannschaft dann Torchancen zu eröffnen. Das Ganze dann aber so versteckt, dass es eben nicht besonders auffällig war."


Insbesondere drei Zweitligaspiele stehen im Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Und immer ist der VfL Osnabrück daran beteiligt.


Bei der Partie in Jena im Mai 2008 sollen - so steht es in Prozeßakten - der Abwehrspieler Marcel Schuon und der Mittelfeldmann Bilal Aziz manipuliert haben. Darüber hinaus hätten beide zusammen 50.000 Euro auf die Niederlage ihres eigenen Vereins gesetzt.

Lothar Gans (Sportdirektor VfL Osnabrück):
„Ich hab das Spiel auch noch vor Augen. Der Trainer hat gleich gewechselt, was den Spieler Aziz betrifft. Wir haben unentschieden dort gespielt,war auch ein entscheidenens Spiel. in dem Jahr haben wir die Klasse gehalten. Aber direkt, ob der Spieler in diesem Spiel manipuliert hat, dass kann man schlecht beurteilen und da will ich mich an den Spekulationen auch nicht beurteilen."


Marcel Schuon. Als das Spiel gegen Jena unentschieden endete, er damit seine Wette offensichtlich nicht gewann, habe er - laut Akten - seine Spielschulden nicht mehr bezahlen können.

Laut Anklageschrift, die Sport inside in Teilen vorliegt und aus der erstmals zitiert werden darf, heißt es:


„Da es Marcel Schuon an Liquidität fehlte, sagte er dem Angeschuldigten G. zu, auch weitere Spiele seines Vereins, des VfL Osnabrück in der bundesdeutschen zweiten Spielklasse manipulieren zu wollen, um ihm - dem Angeschuldigten - manipulative Wetten und zu Unrecht gezahlte Wettgewinne zu ermöglichen. Diese Geldzuflüsse sollten dann mit seinen Verbindlichkeiten verrechnet werden."


FC Augsburg - VfL Osnabrück. Eine weitere Zweitligapartie, bei der Wettpaten die Fäden gesponnen haben sollen. Laut Anklageschrift, sollen Marcel Schuon und der Mannschaftkapitän Thomas Cichon - ein langjähriger Erstligaprofi - hier absichtlich schlecht gespielt haben. Schuon wurde vom DFB mit einer 33monatigen Sperre belegt, über Cichon wurde noch keine Entscheidung gefällt. Ihn belasten die Akten schwer.

ZITAT aus der Bochumer Anklageschrift:
„Zwischen dem Angeschuldigten G. und Thomas Cichon fand eine dahingehende Absprache statt, dass der Fußballspieler auf weitere Mannschaftsmitglieder einwirken solle, um auch diese zu korrumpieren und sodann das Meisterschaftsspiel in Augsburg im Rahmen eines Handicaps verloren werden sollte."


Die Handicapwette geht - laut Akten - auf. Der VfL Osnabrück verliert gegen Augsburg mit 0:3. Mit diesem Ergebnis, soll einer der jetzt Angeklagten mit Wetten 293.500 Euro gewonnen haben. 'Schwerer Betrug' wirft ihm die Staatsanwaltschaft deshalb vor.


Das dritte Zweiligaspiel das beim Prozeß in Bochum eine Rolle spielt. Bei diesem Match soll Marcel Schuon 25.000 Euro von der Wettmafia erhalten haben. Auch Thomas Cichon soll - so steht es in den Akten - an der Manipulation des Spieles beteiligt gewesen sein. Cichon, der heute in Südafrika spielt, bestreitet die Vorwürfe.

In der Anklageschrift heißt es:

Ziel des Thomas Cichon war es, seine bei dem Angeschuldigten G. bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 25.000 aus verlorenen Wetten nach dem 13.05.2009 begleichen zu können."

 

Claus-Dieter Wollitz (Ex-Trainer VfL Osnabrück)
„Den glaub ich gar nix. Das Einzige was ich glaube, ist dass er was damit zu tun hat, weil er sich auch mit den Betrügern getroffen hat. Wenn meine Informationen richtig stimmen, dann bei denen in Lohne zu Hause. Da fahr ich nicht einfach so hin. Da fahr ich nur dann hin, wenn ich das Ziel habe zu betrügen. Und deswegen, weil er ein ganz wichtiger Spieler war, weil er eine Persönlichkeit war, den auch die anderen Mitspieler vertraut haben, ist er eigentlich die größte Enttäuschung und hat den grössten Anteil daran, dass Osnabrück abgestiegen ist."


Auf der Anklagebank in Bochum sitzt auch der 55jährige Türke Tuna A.
In mehreren Verhören schildert Tuna A. wie er und ein weiterer Inhaftierter
den hoch verschuldeten ehemaligen belgischen Zweiligisten UR Namur übernehmen wollten. Wie dies ablaufen sollte steht in der Anklageschrift. So sei mit dem Präsidenten des Clubs eine Vereinbarung getroffen worden .... ZITAT:

„ .... wonach die vorgenannten Bandenmitglieder Schulden des belgischen Fußballclubs Union Royale Namur in einer Gesamthöhe von 700.000 Euro übernehmen wollten, um sich Einfluss auf die Spieler und die Vereinsführung zu sichern."


Joachim Müller (Rechtsanwalt von Tuna A.)
„Namur ist sicherlich eine herausragende Angelegenheit, weil hier wohl wirklich versucht sein soll einen Verein zu kaufen. Meines Wisses ist es aber nie dazu gekommen, so daß auch nie Einfluß auf den Verein ausgeübt werden konnte. Es ist meines Wissens lediglich eine Anzahlung zum Erwerb einer Kaufoption geleistet worden und weitere Zahlungen sind da nicht erfolgt. So Daß nie Einfluß gewonnen werden konnte. Nach meinem Kenntnisstand war da zunächst auch der Versuch, hochwertige Spieler zu installieren, um den Verein erst mal wieder hochzubringen und darauf Wetten zu gewinnen."


Namur. Beim ehemaligen belgischen Zweitligisten soll die Wettmafia bereits im Herbst 2008 zwei Fußballprofis installiert haben.


Wir treffen den damaligen Vereinspräsidenten Jean-Claude Baudart, konfrontieren ihn mit der Anklageschrift. Baudart bestätigt, dass Tuna A. und ein anderer mutmaßlicher Wettpate mit ihm verhandelt haben.

 

Jean-Claude Baudart (Ex-Präsident UR Namur):
„Sie haben nie etwas im Voraus bezahlt. Sie haben nur, seit September 2008, das Gehalt der Spieler bezahlt, die sie nach Namur gebracht haben. Aber es waren noch andere Spieler, die durch ihren Vermittlung hierhin kamen. Aber sie haben an Namur nie etwas anderes bezahlt als die Gehälter der Spieler, die sie mitgebracht haben."

Bei Spielen des UR Namur sollen im Frühjahr 2009 - so steht es in der Anklageschrift - fünf Spieler manipuliert haben. Zwei spielen heute noch bei dem belgischen Verein.


Jean-Claude Baudart (Ex-Präsident UR Namur):

„Es liegt auf der Hand, dass andere Spieler beteiligt sind, um Spiele zu manipulieren, bei solchen Spielergebnissen, wie wir sie hatten. Ich denke, es ist klar, dass Defensivspieler involviert waren, weil wir viele Tore kassiert haben."


Von den Spielabsprachen soll auch der - aus dem Hoyzer-Wettskandal - bekannte Ante Sapina, gegen den derzeit in Bochum noch ermittelt wird, profitiert haben. Laut Prozeßakten sollen zwei Spieler aus Namur im Berliner 'Cafe King' Bestechungsgeld kassiert haben. Insgesamt 12.000 Euro.

Jean-Claude Baudart (Ex-Präsident UR Namur):
„Ja, das ist viel Geld ...für so etwas ist es es genug Geld."


Joachim Müller (Rechtsanwalt von Tuna A.)
„Aus der Sicht der Manipulateure, denke ich, ist das eher konsequent als bizarr, bei verschiedenen Vereinen Spieler zu installieren, die man bereits kennt und mit denen man ein entsprechendes Vertrauensverhältnis hat.

Frage: Das hat was für einen Sinn?

Nun, ich habe es leichter auf Spieler zuzugehen, sie anzusprechen, ob sie bereit sind eine Manipulation mitzumachen und wenn ich weiß, das ich einen oder mehrere manipulationswillige Spieler in einem Verein habe, dann kann ich auch damit rechnen, dass sie möglicherweise innerhalb der Mannschaft andere Spieler mit ansprechen und sich die Kreise damit aus weiten."


Deutschland und Belgien. Nur zwei von neun Ländern in Europa, in denen die Wettmafia aktiv gewesen sein soll. Und die Ermittlungen laufen - parallel zum Prozeß - weiter. Weitere 270 Spiele sollen manipuliert worden sein. Das Ausmaß des Betruges wird immer deutlicher.

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