Doping dank falschen Attests?

Der Sportbetrug mit ärztlichen Bescheinigungen

von Ralf Meutgens

Radsportler, Schwimmer, Skilangläufer, alle, zum Beispiel schwer asthmakrank, das ist fast schon die Regel. Der Nationalen Anti-Doping-Agentur liegen entsprechende medizinische Erklärungen vor. Im Amateursport aber scheinen viele Atteste gefälscht.

Anfang 2009 hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter dem Titel "Hodenkrebs-Attest als Ausweg?" auf eine mögliche Schreibtisch-Manipulation im Radsport hingewiesen. Der betreffende Radsportler hatte sich nach der positiven Probe, die durch die Einnahme eines verbotenen Medikamentes erfolgt sein soll, an seinen Hausarzt gewandt. Der spielte - laut Staatsanwaltschaft - wie schon früher mit und diagnostizierte eine leichte urologische Entzündung. Möglicher Weise war die sogar provoziert. Da der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) in diesem Fall jedoch das Gutachten eines Facharztes für Urologie voraussetzte, überwies der Hausarzt seinen Patienten an einen ihm bekannten Urologen, der wiederum die leichte Entzündung bestätigte. Aus diesem Arztbrief wurde dann offenbar, wie verlangt, ein fachärztliches Attest.

Der Sportbetrug mit ärztlichen Bescheinigungen

Von Ralf Meutgens

Radsportler, Schwimmer, Skilangläufer, alle, zum Beispiel schwer asthmakrank, das ist fast schon die Regel. Der Nationalen Anti-Doping-Agentur liegen entsprechende medizinische Erklärungen vor. Im Amateursport aber scheinen viele Atteste gefälscht.

Anfang 2009 hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter dem Titel "Hodenkrebs-Attest als Ausweg?" auf eine mögliche Schreibtisch-Manipulation im Radsport hingewiesen. Der betreffende Radsportler hatte sich nach der positiven Probe, die durch die Einnahme eines verbotenen Medikamentes erfolgt sein soll, an seinen Hausarzt gewandt. Der spielte - laut Staatsanwaltschaft - wie schon früher mit und diagnostizierte eine leichte urologische Entzündung. Möglicher Weise war die sogar provoziert. Da der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) in diesem Fall jedoch das Gutachten eines Facharztes für Urologie voraussetzte, überwies der Hausarzt seinen Patienten an einen ihm bekannten Urologen, der wiederum die leichte Entzündung bestätigte. Aus diesem Arztbrief wurde dann offenbar, wie verlangt, ein fachärztliches Attest.

Allerdings steht, aus urologischer Sicht, fest, dass die Diagnose in keinem Fall die positive Dopingprobe erklären konnte. Dazu hätte nach Meinung von Experten ein aggressiver Hodentumor vorliegen müssen. Gegenüber dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages sprach der Radsport-Verband vom "Gutachten eines renommierten Facharztes", will über den genauen Inhalt aber bis heute keine Auskunft erteilen. 17 Siege hat der Radsportler in der betreffenden Saison herausgefahren, so viele wie nie zuvor. Möglich gemacht durch spezielle Atteste?

Diese Gefälligkeits-Atteste haben die Nationale Antidoping-Agentur (NADA) aufgeschreckt. Die Justitiarin und kommissarische Geschäftsführerin Anja Berninger lässt zurzeit prüfen, ob es noch mehr Fälle dieser Art gibt. Denn nur jene Sportler müssen im Voraus eine Ausnahmegenehmigung für ein verbotenes, aber medizinisch notwendiges Medikament beantragen, wenn sie einem Testpool angehören. Für Sportler ohne Kaderzugehörigkeit oder für Seniorensportler trifft das nicht zu.

Dieser Fall ist brisant, weil er dokumentiert, wie leicht eine Manipulation im vom Doping längst erfassten Amateursport möglich ist. Das Risiko ist für alle Beteiligten gering. Nach Angaben der Mainzer Staatsanwaltschaft macht sich ein Arzt, der einem Sportler mit einem falschen Attest zum Sportbetrug verhilft, nicht einmal strafbar. Der Mediziner hat den Staatsanwalt nur dann zu fürchten, wenn sein falsches Gesundheitszeugnis bei Behörden vorgelegt wird, etwa zur Erlangung einer Fahrlizenz.

Aber weder die NADA noch der Bund Deutscher Radfahrer sind Einrichtungen des öffentlichen Rechts. Für den Arzt im geschilderten Fall ist der Fall gelaufen. Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat das Verfahren nach Zahlung von 1000 Euro eingestellt.

Für den in Dopingfragen versierten Aachener Oberstaatsanwalt Robert Deller ist dieser Fall erneut Anlass, eine von ihm seit Jahren geforderte Anpassung der Gesetze anzumahnen. Seiner Meinung nach muss ein Tatbestand des Sportbetrugs in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Die bislang erfolgten halbherzigen Veränderungen im Arzneimittelgesetz seien in keiner Weise ausreichend, wenn man der Dopingproblematik konsequent entgegenwirken wolle.

Drucken