"Zu leichtes Spiel"

Warum Begegnungen der Fußball-WM 2006 und der Bundesliga unter Manipulationsverdacht stehen


sport inside, 01.09.2008 - 22:45 Uhr (wdr)

Der Fußball im Zentrum eines mutmaßlichen neuen Wettskandals. Vier WM-Spiele aus 2006 sollen betroffen sein. Das Achtelfinale Ecuador gegen England 0:1. Das Achtelfinale Brasilien gegen Ghana – Endstand 3:0. Viertelfinale Italien gegen Ukraine – Endtand 3:0. Das Vorrundenspiel Italien gegen Ghana – 2:0. Die WM 2006 in Deutschland – das Sommermärchen. Ghana gegen Brasilien ist eines der Achtelfinalspiele. Ghanas Fußballer sind krasse Außenseiter gegen den WM-Favoriten. Es soll ein Fest werden. Die Ghanaer können lange Zeit mithalten. Schließlich gewinnt Brasilien sicher mit 3:0.

Der Fußball im Zentrum eines mutmaßlichen neuen Wettskandals. Vier WM-Spiele aus 2006 sollen betroffen sein. Das Achtelfinale Ecuador gegen England 0:1. Das Achtelfinale Brasilien gegen Ghana – Endstand 3:0. Viertelfinale Italien gegen Ukraine – Endtand 3:0. Das Vorrundenspiel Italien gegen Ghana – 2:0.

Die WM 2006 in Deutschland – das Sommermärchen. Ghana gegen Brasilien ist eines der Achtelfinalspiele. Ghanas Fußballer sind krasse Außenseiter gegen den WM-Favoriten. Es soll ein Fest werden. Die Ghanaer können lange Zeit mithalten. Schließlich gewinnt Brasilien sicher mit 3:0.

Der kanadische Buchautor Declan Hill beschreibt in seinem heute präsentierten Buch „Sichere Siege – Fußball und organisiertes Verbrechen“, dass offensichtlich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein soll.


Declain Hill, Buchautor: „Zwei Tage vor dem Spiel Ghana gegen Brasilien hatte ich ein interessantes Gespräch mit meinem Informanten. Ich fragte ihn: Wird Brasilien das Spiel gewinnen? Er antwortete: Nein. Ghana wird es verlieren. Ich möchte eines klarstellen: Ich behaupte nicht, dass jeder einzelne ghanaische Spieler betrogen hat. Auf keinen Fall! Viele der Jungs haben wirklich ihr Bestes gegeben. Aber wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen: Dieses Spiel war irgendwie seltsam.“

Ein Beweis für eine tatsächliche Manipulation liegt nicht vor. Aber Hill will klare Aussagen seines Informanten vorliegen haben.

Declain Hill, Buchautor: „Ich habe alle Gespräche mit ihm aufgezeichnet. Ich habe geheime Treffen gefilmt. Aber wissen Sie: Das ist gefährliche Arbeit. Deshalb verrate ich seinen wahren Namen nicht, und auch nicht die seiner Gang. Außer sie kommen, um mich zu holen. Wenn irgendjemand irgendwann mich oder meine Familie bedroht, werde ich alle Namen und Abschriften veröffentlichen. Aber bis es soweit ist, ist es für mich tabu, Namen zu nennen.“

Beweise: Nein. Belastende Aussagen: Ja. Die Ghanaer dementieren. So bleibt zunächst weiterhin nur die Vermutung.

Christoph Biermann, Journalist:
“Es könnte sein dass das Spiel manipuliert worden ist. Also man muss es etwas defensiver formulieren. Man könnte es aber auch umgedreht formulieren. Wenn man sich die Fakten, die Declan Hill aneinanderreiht anschaut, stellt sich eher die Frage: Kann es sein, dass dieses Spiel nicht manipuliert gewesen ist? Denn die Indizien, die da aneinandergereiht werden, sind relativ beeindruckend.“


Insgesamt erwähnt Hill in seinem Buch noch drei weitere WM-Partien, bei denen er von möglichen Manipulationen gehört haben will. Außerdem soll auch die Bundesliga betroffen sein. Das Bundesligaspiel Hannover 96 gegen Kaiserslautern 5:1, die Zweitligapartie Karlsruher SC gegen Sportfreunde Siegen, ebenfalls aus dem Jahr 2005, Endstand 2:0.

Sowohl Hill als auch der SPIEGEL stießen bei Recherchen auf das Spiel Hannover 96 gegen Kaiserslautern. Es ging um Ergebniswetten. Es wurden extrem hohe Einsätze gemacht. Zudem soll ein Wettmanipulator Hill kurz vor Spielbeginn das Endergebnis genau vorhergesagt haben.


Skela, Fußballprofi:
„Ich halte das erst mal für Schwachsinn. Man muss ich erstmal alles in Ruhe anschauen, wenn man so was rausbringt.“


Der Malaye Bee Wah Lim soll 2,8 Millionen Euro gesetzt und 2,2 Millionen Gewinn gemacht haben. Der Zocker trat über Mittelsmänner an Fußballspieler wie Sean Dundee heran.

Sean Dundee, Ex-Fußballprofi:
„Er sagte: Kann ich mir vorstellen für damals 10-, 15,- 20.000 einen Elfmeter zu verschießen? Ich habe gesagt, so was mache ich nicht.“


Beim Zweitligaspiel Karlsruher SC gegen Sportfreunde Siegen im Jahr 2005 spielte Dundee für die Karlsruher. Lim hatte auf dieses Spiel laut SPIEGEL auf Sieg von Karlsruhe mit zwei Toren Differenz gewettet und noch weitere Kontakte gesucht.

Sean Dundee, Ex-Fußballprofi:
„Da waren noch zwei andere Spieler, was ich dann erst später herausgefunden hab.“


Lim gewann auch bei dieser Wette. Karlsruhe siegte mit 2:0. Der DFB hat sich wegen der beiden Bundesligaspiele an die Staatsanwaltschaft gewandt. Nachweislich gab es eine Verbindung zwischen Lim und dem damaligen Siegener Torwart Adnan Masic. Es wurden Treffen observiert und SMSen gefunden. Masic stand schon vorher im Visier der Ermittler. Er wurde verhört, aber nie verurteilt.

  Masic, Fußballprofi: „Bei ersten Ermittlungen wollte Polizei von mir wissen ob ich habe Spiel manipulieren. Habe ich gefragt: Hast Du Spiel geschaut? Nein. Hast Du Kicker gelesen? Nein. Was will der Junge dann, verstehste? Ich war der beste Mann in Rostock und dann kommst Du mit so einer Geschichte.“

{mospagebreak}William Bee Wah Lim und sieben Mitstreiter standen 2007 vor dem Landgericht Frankfurt wegen versuchter Verabredung zur Manipulation. Verurteilt werden konnte Lim nur wegen versuchter Manipulation bei acht Regionalligaspielen. Für die beiden Bundesligaspiele reichten die Beweise nicht.

Das Zentrum der internationalen Wettszene sind die großen Metropolen in Asien – Shanghai, Hongkong, Singapur oder Bangkok. Von hier aus steuert die Mafia ihre Geschäfte. Hier werden riesige Summen umgesetzt. Allein in China beziffern Experten den illegalen Wettmarkt auf 50 Milliarden Euro im Jahr. Aber die Mafia agiert nicht nur in Asien.

Auch in Europa hat sich das System der Spielabsprachen zu einem Problem entwickelt. Auf einer Liste, die dem ARD-Politmagazin FAKT vorliegt, werden 26 Europapokalspiele  aufgeführt. Bei den Partien, handelt es sich um UI- und UEFA-Cup-Spiele, aber auch drei Matches in der Champions-League Qualifikation. Selbst ein Qualifikationsspiel für die Europameisterschaft ist aufgeführt. Bei der Partie Belgien-Polen siegte der Gastgeber der nächsten EM mit 0:1.


Dr. Rainer Koch, DFB-Vizepräsident:
„Ich selber bin in der UEFA-Disziplinarkommission, die gegebenenfalls über entsprechende Anklagen zu entscheiden hat. Deswegen kann ich ihnen konkret zum Ermittlungsstand nichts sagen. Aktuell sind diese Fälle noch nicht bis zur Disiplinarkommission der UEFA gelangt. Ich weiß aber, dass die Verfahren noch nicht eingestellt sind, also die Ermittlungen laufen“
.

Mittlerweile steuern die Fußballverbände gegen. UEFA und DFB kooperieren mit dem Frühwarnsystem Betradar. Dies registriert verdächtige Quotenverläufe, schlägt bei hohen Wetteinsätzen Alarm. Dennoch kann man nicht jede Manipulation verhindern. Denn der Faktor Mensch ist auch im Fußball manchmal unberechenbar.

Declain Hill, Buchautor:
„Wir stellen uns große Spieler meist wie Halbgötter vor. Sie vollbringen Taten, die wir nicht imstande sind zu leisten. Aber gerade diese Spieler werden häufig angesprochen, weil sie den größten Einfluss auf das Spiel haben. Und das ist ideal für den Wettbetrüger.  Denn der möchte möglichst den Spieler auf seiner Seite haben, der das Spiel wirklich beeinflussen kann.“


Bisher ist jedoch noch nichts bewiesen. Dennoch steht ein massiver Verdacht im Raum. Das Sommermärchen oder ein Sommer voller Märchen?

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