Rio de Janeiro: Die Stadt, der Müll und das Meer

von Fred Kowasch

Sand, Palmen und pralle Hintern. Vielleicht noch eine frisch geschlagene Kokusnuß, ein kühles Bier mit Blick auf das Meer. Das ist es in der Regel, was sich der Tourist bei einem Besuch an der Copacabana oder in Ipanema verspricht. Die Wirklichkeit ist jedoch nicht wie der Postkartenblick. Das zeigt sich besonders in diesen Tagen. Wenn die Stadt voller Müll ist und stinkt, weil die öffentlichen Entsorgungsarbeiter streiken.

Sie streiken für eine Lohnerhöhung von 800 auf 1.200 Reais (weniger als 380 Euro). 50 Prozent mehr Grundgehalt mag viel klingen - ist es aber nicht. Die Preise in Rio haben im Vorfeld der WM stark angezogen. Wohnungen sind nahezu unerschwinglich geworden. Für einen Wocheneinkauf im Supermarkt legt man schnell mal 100 Reais hin. Zudem die Landeswertung (wieder einmal) auf Talfahrt ist, im letzten Jahr ein Viertel an Wert verloren hat.

Rio ist eine Stadt, die auch zu 'normalen' Tagen am Müll erstickt. Denn der Brasilianer kauft in der Regel mit Plastiktüten ein. Sechs bis acht gibt es bei jedem Einkauf gratis - in sie wird jedes einzelne Produkt eingepackt. Eigene Taschen mitzubringen - so wie in Deutschland - gibt es nicht. Das hat dann zur Folge, dass überall ein Stück Plastik liegt, fliegt oder schwimmt.



Wer einmal mit einer Schwimmbrille an einen der weltbekannten Strände tauchen war, wird seine Bekanntschaft machen. Mit Schokoladentafeln, Windeln, Plastikflaschen. Und jeder Menge Einkaufstüten. So schnell will man dann in diese Brühe nicht mehr hinein. Nur 30 Prozent der Abwässer - die in Rio gewöhnlich ins Meer laufen - werden vorher geklärt. Der Rest zieht eine üble Spur.

Beispiel Rocinha. Die Abwässer der wohl grössten Favela auf der Welt (geschätzt 70.000 Einwohner) gehen an einem der schönsten Sandstrände direkt ins Meer. Direkt neben einem der teuersten Hotels der Stadt. Im Hotel Royal Tulip will die englische Fußballnationalmannschaft während der WM ihr Quartier aufschlagen. Wer sich vor Ort umsieht, dem fällt auf: nur Einheimische tummeln sich hier im Meer.

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