Der 'Fall Andrej Holm' - Aktenfunde belegen: er musste wissen, was er tat
11.01.2017
Es ist in diesen Tagen 25 Jahre her, da wurden die Stasi-Akten geöffnet. Da erhielten die Menschen, die in der DDR bespitzelt wurden, die Möglichkeit zu sehen: wer hat mich verpfiffen? Warum habe ich diesen Studienplatz nicht bekommen?? Weshalb war diese attraktive 'Lady' immer so interessiert an mir?!
Die Öffnung der Akten für alle - eine der zentralen Forderungen der (ost)deutschen Revolutionäre aus dem Herbst '89. Sie ist ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte. Und sie sorgt bis heute noch, für - teils heftig geführte - Diskussionen.
Eine konnte man am 6. Januar in einer Volkshochschulaula im Prenzlauer Berg besichtigen. Der Andrang war so groß, dass nicht alle reinkamen. Boxen mussten vor dem Saal aufgestellt werden, um die Empörten - zumindest ein wenig - zu beruhigen.
Es ging um den 'Fall Andrej Holm'. Ein 46jähriger, dessen Berufung zum Berliner Staatssekretär Wohnen, der neuen Rot-Rot-Grünen Koalition die erste Zerreißprobe beschert. Es ging um seine Stasi-Vergangenheit und seinen späteren Umgang damit.
Holm argumentiert, ihm sei nicht bewußt gewesen, dass er sich damals für eine Hauptamtliche Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beworben hätte. Da sprechen zumindest seine Akten - herausgegeben vom Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) - eine andere Sprache. Demnach war ihm durchaus bewusst auf wen - und auf was - er sich da einlässt. Und: Holm war zu diesem Zeitpunkt volljährig. Wer sich selbst ein Bild bilden möchte: die Robert-Havemann-Gesellschaft hat die BStU-Unterlagen zur Ansicht ins Netz gestellt
"Das Jahr das uns die Freiheit nahm" - Ein Silvesterabend am Kölner Dom
von Fred Kowasch, Köln
Silvester 2016 vor dem Kölner Dom. Kurz nach Beginn der Lichtinstallation liegen plötzlich Zettel auf dem Steinfußboden. "Danke Merkel" und "Das Jahr dass uns die Freiheit nahm". Die umherstehenden Polizisten sind ratlos. Sie warten auf Anweisungen. Zunächst ist kein Funkverkehr möglich. Dann sammeln ein paar Eifrige die Zettel auf. Ein Polizist bedankt sich für die "Beweismittel". Eine halbe Stunde später ist der Platz fast menschenleer. Wo vorher noch Besucher mit bunter Kreide Schriftzüge auf dem Boden malten, ziehen jetzt Polizeimotoräder einsam ihre Kreise. Im Dom läuft der letzte Gottes- dienst des Jahres. Kölns neuer Polizeipräsident hat kurz vorher RTL noch ein Interview gegeben. Danach begleitet er die Oberbürgermeisterin zur Andacht.
Silvester 2016 am Kölner Dom. Ein Jahr nach den sexuellen Übergriffen überwiegend von Migranten und Asylbewerbern. Ein Ereignis, bei dem der Staat versagte. Diesmal ist er präsent. Mit Sperrgittern, Einlasskontrollen, Pyroverbot und Dutzenden Polizeistreifen. Der Platz vor dem Hauptbahnhof ist hell ausgeleuchtet, wird mit modernen Kameras überwacht. Gegen halb acht treffen sich dort ein paar arabisch aussehende Jugendliche. Sie begrüßen sich wie 'alte Bekannte'. Daneben protestiert eine Gruppe mit einem Transparent gegen die Abschiebung nach Afghanistan. Kaum einer bleibt stehen. Fast niemand fotografiert. Verteilt stehen Einsatzbullis, Zivilbeamte und Gruppen an Polizisten. Der Kreis 'alter Bekannter' macht sich unterdessen mit seinen Silvesterraketen auf den Weg. Ich auch. Was soll hier heute noch passieren?!
Wie man sich irren kann. Kurz vor Mitternacht versammeln sich am Kölner Hauptbahnhof - laut Polizei - etwa 1000 Menschen aus dem nordafrikanischen Bereich. Sie sollen sich via Handys verabredet haben. Die Beamten kontrollieren 650 von ihnen, sprechen 190 Platzverweise aus. (update, 13.01.2017)
Nach Angaben der Kölner Polizei konnten bei 425 der kontrollierten Personen die Nationalität festgestellt werden. Unter Ihnen waren 99 Iraker, 94 Syrer, 48 Afghanen und 46 Deutsche. 17 waren Marokkaner und 13 Algerier.
'Sachsen-Bashing'? - Behördenversagen als jahrelange Tradition
'Sachsen-Bashing' ist gerade sehr aktuell. Ob es um das Verunglimpfen wütender Bürger geht, die am 'Tag der Einheit' in Dresden von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben. Oder um Behörden, die einen Top-Terroristen erst nicht fassen, dann nicht am Leben halten können.
Sächsische Behörden standen in den letzten Jahren oft im Zwielicht. Dabei ging es nicht selten auch um die fehlende Unabhängigkeit der Justiz. Erinnert sei an die Rechtsbeugung des sächsischen Generalstaatsanwaltes in Bezug auf Ermittlungen im Fall Biedenkopf 1999. Oder, dass Zeugen und Journalisten vor Gericht gestellt wurden, weil die Behörden eine unappetitliche Affäre abwürgen wollten. Die 'Sachsen-Affäre'.
Im Mai 2007 wurden die Verfassungsschutzakten dazu in Teilen öffentlich. Danach gab es viel öffentliche Aufregung, zwei Untersuchungsausschüsse beschäftigten sich damit'.
interpool.tv hat im Juli 2007 Akten zur sogenannten 'Sachsensumpf-Affäre' publiziert.
In den Akten geht es unter anderem um den "Verrat strafprozessualer Maßnahmen", "Besitz von Kinderpornographie" und "Erkenntnisse zu Verbindungen der Leipziger Stadtverwaltung zur Rotlichtszene". Dies sind 'Akten der Zeitgeschichte', die unser Einschätzung nach an die Öffentlichkeit gehören. Sie hat ein Anspruch darauf, die viel zitierten Akten auch im Originaltext zu lesen.
Wenn Politiker auf das Volk treffen - Oder: Denkwürdige Feiertage in Dresden
Lutz Bachmann den Job eines Journalisten' macht ....
.... Angela Merkel auf Pegida-Anhänger trifft ....
.... ein lokaler Wirtschaftsminister die Meinung seines Volkes hört ....
.... Polizeiautos plötzlich nicht mehr von alleine rollen
"Oldschool Society": Wenn der V-Mann vom Bundeskriminalamt mitmischt
Drei bis fünf Jahre Haft. Im Prozeß um die Mitglieder der Gruppe "Oldschool Society" (OSS) hat das Münchener Oberlandesgericht die Urteile gesprochen. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass die vier Angeklagten eine 'Terroristische Vereinigung' gebildet haben. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert, die Bundesanwaltschaft höhere Haftstrafen gefordert.
Im Prozeßverlauf mussten die Bundesankläger erhebliche Defizite einräumen. So konnten sie der OSS keine konkreten Anschlagspläne nachweisen. Die Bundesanwaltschaft hatte deshalb die Teileinstellung des Verfahrens beantragt.
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Mitte August 2016
Bundesweite Festnahme- und Durchsuchungsmaßnahme wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung. Wow, was muß das für ein Erfolg deutscher Ermittlungsbehörden - am 6. Mai 2015 - gewesen sein. Die "Oldschool Society" (OSS) - eine 'Terrorgruppe' ausgehoben, bevor deren Mitglieder aktiv werden konnten? Die meisten Medien transportierten damals diese Lesart der Bundesanwaltschaft nahezu wörtlich.
Mittlerweile ist es in der Presse still geworden. Vor Gericht kam heraus: ein V-Mann des Bundeskriminalamtes (BKA) spielte bei der "Oldschool Society" eine aktive Rolle. Und: die Bundesanwaltschaft habe die "rechtsterroristische Vereinigung" wohl überschätzt. Wie ein Vertreter jüngst - gegenüber der Tageszeitung 'junge welt' - einräumte.